Blog-Beitrag

Künstliche Intelligenz für die Energiewende

25.11.2020

In ihrem aktuellen Blogbeitrag zeigt KI-Managerin Monika Löber auf, wie Künstliche Intelligenz in der Energiewirtschaft zum Einsatz kommen kann – als Baustein der Energiewende.

Man nehme ein Energiesystem, in dem sich Stromerzeugung und Stromnachfrage zu jedem Zeitpunkt decken müssen, und ergänze es um einen sehr hohen Anteil an volatilen Energieerzeugern wie Wind- und Photovoltaikanlagen sowie Millionen an Stromverbrauchern. Es liegt auf der Hand, dass die Aufrechterhaltung einer stabilen Stromversorgung unter diesen Umständen kein leichtes Unterfangen ist. Erst recht nicht, wenn der Anteil erneuerbarer Energien an der deutschen Stromversorgung bis 2050 auf mindestens 80 Prozent ansteigen soll. Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI) können dabei helfen, die Komplexität im Energiesystem zu bewältigen. Im Fortschreiten der Energiewende wird ihnen eine immer wichtigere Rolle zufallen, um die kaum vorstellbaren Datenmengen in Echtzeit sinnvoll in Zusammenhang zu bringen, Entscheidungsvorlagen oder Handlungen abzuleiten oder Prozesse autonom zu steuern.

Die Anwendungsmöglichkeiten von KI im Energiesystem fangen bei der Planung von Verteilnetzinfrastrukturen oder der Kraftwerksplanung an und reichen bis zur intelligenten Wartung und Optimierung der Erzeugungsanlagen. Dort werden zum Beispiel Sensordaten oder Drohnenaufnahmen durch KI-Systeme ausgewertet und Wartungsintervalle entsprechend angepasst (Predictive Maintenance). Künstliche Intelligenz wird auch bei der Steuerung von Netzen genutzt, um Live-Einspeisedaten, Erfahrungswerte, Daten der Stromhandelsplätze oder Wetterprognosen ganzheitlich auszuwerten, die Teilnehmer im Energiesystem zu koordinieren oder ein Zusammenwachsen der Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr zu ermöglichen. KI kann beim automatisierten Energiehandel, dem so genannten Algorithmic Trading, Prozesse überwachen oder selbständig Käufe und Verkäufe lenken. Nicht zuletzt kann mithilfe von Künstlicher Intelligenz auch das Energiesystem insgesamt mit seiner Bedeutung als kritische Infrastruktur vor Angriffen aus dem Cyberspace geschützt werden: KI erkennt die kleinsten Abweichungen und Anomalien im Betrieb der Anlagen oder der virtuellen Kraftwerke.

Die Beispiele zeigen: Die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft sind immens. Dennoch ist die tatsächliche Anwendung bisher verhalten. 2019 ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) unter insgesamt 250 Führungskräften der deutschen Energiewirtschaft: KI wird durchaus als Chance begriffen, allerdings hat nur eine Minderheit der Befragten bereits Investitionen in KI getätigt (7 Prozent) oder geplant (6 Prozent).

Frischer Wind weht vor allem aus der Ecke der Start-ups sowie der Technologieanbieter. Viele KI-Lösungen für die Energiewende kommen dabei auch aus Nordrhein-Westfalen oder beteiligen hier ansässige Unternehmen und Forschungseinrichtungen, wie folgende Beispiele zeigen:

  • Energiemanagement: Das Kölner Start-up GreenPocket GmbH arbeitet an KI-gestützten Energiemanagementlösungen für Unternehmenskunden. Das Aachener Unternehmen EnergyCortex GmbH verknüpft für Industriekunden und Energieversorger KI- bzw. Data-Science-Methoden und Werkzeuge des Operations Research mit energiewirtschaftlichen Methoden der Systemanalyse und des Energiemanagements.
  • Betriebsoptimierung: Die in Köln ansässige KEO GmbH arbeitet daran, die Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit von Photovoltaik- und Speichersystemen durch KI zu steigern. Gemeinsam mit Konsortialpartnern bringt sie sich im Rahmen des Forschungsprojekts Digital-Twin-Solar ein. Was den effizienten Kraftwerksbetrieb angeht, so forscht auch das Institut für Modellbildung und Hochleistungsrechnen (IMH) der Hochschule Niederrhein gemeinsam mit der Bergischen Universität Wuppertal und der Siemens Gas and Power GmbH am Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Echtzeitfähige KI-Algorithmen sollen dabei helfen, die Emissionen zu reduzieren und dennoch Versorgungssicherheit zu garantieren.
  • Netzmanagement: Gridhound GmbH, ein Spin-Off der RWTH-Aachen und des E.ON Energy Research Centers, bietet eine Lösung für ein kosteneffektives Monitoring von Stromverteilnetzen: Auf Basis des Maschinellen Lernens wird der Status der Mittel- und Niederspannungsnetze in Echtzeit ermöglicht. Die envelio GmbH aus Köln stellt mit der »Intelligent Grid Platform« eine Digitalisierungsplattform zur Verfügung, die mithilfe von KI-Algorithmen Planungs- und Betriebsprozesse in Verteilungsnetzen ermöglicht.

Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch lag 2019 bei 42,1 Prozent – und dabei auf Wachstumskurs. Die Zukunft gehört ganz klar einem System aus Teamplayern: Optimierte Energieerzeugungsanlagen oder ihre Zusammenschlüsse über virtuelle Kraftwerke müssen durch zusätzliche Flexibilitätsmechanismen in Einklang gebracht werden, beispielsweise leistungsfähige Stromspeicher, alternative Speichertechnologien oder ein effektives Management der Nachfrageseite. Mit Künstlicher Intelligenz an zentralen Stellschrauben und Schnittstellen werden sie im Team zur Versorgungssicherheit beitragen.

Über die Autorin

Monika Löber
Monika Löber

Monika Löber ist als stellvertretende Geschäftsführerin bei KI.NRW tätig. Zuvor setzte über viele Jahre hinweg als Transfermanagerin Kooperationsaktivitäten mit Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft um und unterstützte die Unternehmensbegleitung sowie die Fachkommunikation der Kompetenzplattform. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Kulturwirtin an der Universität Passau leitete sie Public-Private-Partnership-Projekte an diversen Standorten in Deutschland.