Dr. Alexander Opitz

Projektleiter für das Strukturwandelprojekt »AI Village«

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»Das AI Village ist eines der innovativsten Leuchtturmprojekte im Rheinischen Revier und Anlaufstelle für alle Unternehmen aus der Region, die beim Thema KI vorne mitspielen wollen.«

Am 23. August wurde in Hürth bei Köln das »AI Village« eröffnet – ein KI-Innovationscampus, der Unternehmen aus der Region bei der digitalen Transformation unterstützen soll. Wir haben mit Dr. Alexander Opitz gesprochen, der das Vorhaben als Projektleiter vorantreibt.

Dr. Alexander Opitz, © Giuseppe Piliero

Was ist das AI Village und wer steckt dahinter?
Das AI Village ist eines der innovativsten Leuchtturmprojekte im Rheinischen Revier. Im Kern geht es darum, die aktuell wichtigsten Zukunftstechnologien im Bereich der Künstlichen Intelligenz in der Region und im ganzen Land zu implementieren.

Als Verbundprojekt vereint das AI Village viele starke Partner: Die Stadt Hürth mit seiner vielfältigen Wirtschaftsstruktur, den KI Bundesverband mit über 400 KI-Unternehmen, Fraunhofer IAIS und Fraunhofer FIT als Spitzenforschungsinstitute, die Rheinische Fachhochschule als moderner Bildungsanbieter und KI.NRW als Bindeglied zu den weiteren KI-Aktivitäten des Landes.

Das AI Village soll wohlgemerkt über die Region hinaus wirken. Dabei bildet das sogenannte Studio 6, ein ehemaliges Fernsehstudio in Hürth, den Kern eines Innovationscampus für Künstliche Intelligenz. Mittelfristig ist unser Ziel, ein KI-Ökosystem zu etablieren. Dabei können wir nicht zuletzt auf die Unterstützung durch unsere Studiopartnern vor Ort zählen, das Blockchain Reallabor, das Kompetenzzentrum WIRKsam und den Verein IDiTech – Institut für Digitale Zukunftstechnologien e. V.

Wie kam es dazu, das AI Village in Hürth zu eröffnen? Was war der Beweggrund?
Hürth ist vom Strukturwandel im Zuge des Braunkohleausstiegs stark betroffen. Das macht sich direkt bemerkbar für die vielen Beschäftigten im Bergbau und in den Zulieferbetrieben, wie auch in der energieintensiven Industrie vor Ort, insbesondere der chemischen Industrie.

Gleichzeitig hat Hürth als traditioneller Bergbaustandort bereits seit Jahrzehnten Erfahrung mit Strukturwandel. Die umfassende Nutzung von Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz ist da nur folgerichtig, um Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Hinzu kommt die Nähe zu den Ballungsräumen Köln und Bonn, eine vielfältige Wirtschaftsstruktur und eine hervorragende Anbindung an die Forschungs- und Hochschullandschaft der Region. Kurzum, die Bedingungen zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz sind ideal in Hürth.

Als promovierter Wirtschaftshistoriker kennst du dich mit Transformationsprozessen gut aus. Wie schätzt du den Impact von KI ein, vielleicht auch im Vergleich zu bereits vergangenen Technologieentwicklungen?
Die Wirtschaftsgeschichte beschäftigt sich ausführlich mit der Adaption und den Auswirkungen neuer Technologien auf Wirtschaft und Gesellschaft. Diese sind oft gewaltig, man denke etwa an die Einführung der Dampfmaschine und die industrielle Revolution. Ich selbst habe mich in meiner akademischen Laufbahn intensiv mit Innovationen und deren Finanzierung im historischen Kontext befasst. Umso spannender ist es, nun selbst Teil einer gewaltigen Umwälzung zu sein. Ich bin sicher, dass die Auswirkungen der Nutzung von Künstlicher Intelligenz mindestens so gravierend sein werden wie die Erfindung von Dampfmaschine oder Automobil.

Wie können Unternehmen aus NRW konkret vom AI Village profitieren?
Im AI Village kommen Unternehmen, KI-Start-ups und Forschung zusammen, um die vielen neuen Entwicklungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Robotik zu entwickeln, zu erproben und in Anwendung zu bringen. Ganz konkret werden wir den Firmen dabei helfen, Use Cases zu identifizierten, im Rahmen von Workshops, Einzelgesprächen oder anhand von Demonstratoren. Hinzu kommen Weiterbildungsangebote und Schulungen für Beschäftigte, die ja ganz entscheidend sind für den Erfolg einer Innovation im Unternehmen.

Schon jetzt finden sehr viele gut besuchte Veranstaltungen im AI Village statt und das Netzwerk in die regionale Wirtschaft wächst stetig an. Was ist dein Eindruck, wie schaut man insbesondere bei KMU auf das Thema KI? Was sind konkrete Bedarfe, was wird besonders nachgefragt? Und wie reagiert ihr darauf?
Wir stellen fest, dass das Thema KI im Grundsatz bereits angekommen ist in den Unternehmen. Die Ideen reichen von der Nutzung von einfachen Texterkennungstools über Computer Vision bis zur Erstellung von individuell trainierten Sprachmodellen – eine Art UnternehmensGPT. Gleichwohl bleiben noch viele Fragen offen: Wer kann mir konkret bei der Umsetzung weiterhelfen? Welcher Aufwand und welche Kosten sind damit verbunden? Wie entsteht aus der KI-Anwendung ein lohnenswerter Business Case?

Hier setzt das AI Village an und kann dabei insbesondere auf sein großes Netzwerk aus lokalen Firmen, das Netzwerk von KI.NRW, die Umsetzer im KI Bundesverband sowie die Expertise der beiden Fraunhofer-Institute zurückgreifen. Außerdem arbeiten wir bei der Suche nach Business Cases eng mit unseren Studiopartnern zusammen. Oft ist erst die Kombination bestimmter Technologien, etwa von Blockchain-basierten Smart Contracts und KI-Tools besonders spannend.

Neben der Zielgruppe Wirtschaft bietet ihr auch Veranstaltungen für Schulklassen und Bürgerinnen und Bürger an. Was ist die Idee dahinter?
Künstliche Intelligenz ist nicht bloß ein kurzfristiger Hype, sondern wird uns noch lange und künftig noch viel umfassender begleiten. Die Fähigkeit, KI effektiv zu nutzen, ist daher essentiell – im Arbeitsalltag wie im Privaten. Ebenso wichtig ist es, die Herausforderungen im Zusammenhang mit KI zu erkennen und den verantwortungsvollen Umgang mit den entsprechenden Tools zu erlernen.

Das gilt umso mehr für junge Menschen. Bedenken Sie, dass für künftige Generationen die Nutzung von Künstlicher Intelligenz keine Neuerung mehr darstellt, sondern ganz selbstverständlich sein wird. Es ist also von größter Wichtigkeit für unsere Gesellschaft, die Kompetenzen im Umgang mit KI zu stärken. Dies bestätigen uns ebenfalls die Schulen, mit denen wir bereits in Kontakt stehen. Im Übrigen besteht im ganz praktischen Umgang mit KI-Tools auch auf Seite der Lehrkräfte großer Bedarf – vermutlich wird bereits so mancher Aufsatz von ChatGPT geschrieben.

Ein Blick in die Zukunft: Jetzt bist du nicht nur Projektleiter des AI Village, sondern hast auch familiäre Wurzeln in Hürth. Was ist dein ganz persönlicher Wunsch für das AI Village? Hast du ein Bild vor Augen, wie es hier in zwei Jahren aussehen soll?
Tatsächlich kommt die Familie meines Vaters aus Hürth, genau genommen aus Hürth-Knapsack. Ich habe einen großen Teil meiner Kindheit hier verbracht. Insofern ist mir die Entwicklung des AI Village auch ein persönliches Anliegen. In zwei Jahren ist Projekt-Halbzeit. In Hinblick auf die eingangs beschriebene Vision des KI-Ökosystems haben wir durchaus ambitionierte Ziele. Wir wollen den Innovationcampus so weit ausgerollt haben, dass in unserem Studio 6 ein ständiges Grundrauschen zu hören ist. Gleich ob Events, Workshops, Vortragsreihen, Kongresse, Delegationsbesuche oder Netzwerktreffen – hier soll deutlich zu spüren sein, dass das Thema in der Region angekommen ist. Letztlich wollen wir langfristig als der zentrale Ansprechpartner für Künstliche Intelligenz in der Region wahrgenommen werden.

Dr. Alexander Opitz ist Projektleiter im AI Village. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln promovierte und forschte er im Bereich Wirtschaftsgeschichte in Stuttgart, St. Petersburg und Istanbul. Thematische spezialisierte er sich auf Innovationen und deren Finanzierung, sowie Datenanalyse im historischen Kontext. Dies sollte sich als durchaus wegweisend herausstellen, denn anschließend kehrte der gebürtige Rheinländer in die Heimat zurück, um bei der Zukunftsagentur Rheinisches Revier innovative Strukturwandelprojekte zu initiieren und zu begleiten. Hervorragend vertraut mit den regionalen Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft baut er seit August 2023 als Projektleiter im AI Village ein KI-Ökosystem mit auf.